Klassenkampf & Tänzchentee

Eine kurze Geschichte des Felsenkellers

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Der Felsenkeller ist ein ehemaliges Ballhaus mit populärer Gastronomie im Leipziger Ortsteil Lindenau und befindet sich auf dem Eckgrundstück Karl-Heine-Straße 32 / Zschochersche Straße 14. Das Gebäude war von Beginn an stadtbildprägend und setzte damit ein Ausrufezeichen für den Wandel zu einem urbanen Erscheinungsbild in den ehemaligen Vorstadtdörfern Lindenau und Plagwitz in der Phase der Hochindustrialisierung.

Der Felsenkeller in Leipzig im Jahr 1900
Der Felsenkeller Leipzig im Jahr 1900

Das Bauwerk, dessen augenscheinlichstes Merkmal der von einer barocken Kuppel gekrönte Eckturm ist, wurde im Jahr 1890 von den Leipziger Architekten August Hermann Schmidt (1858–1942) und Arthur Johlige (1857–1937) für die 1828 gegründete Brauerei C. W. Naumann im Stil des Neobarock errichtet. Es erhielt seinen Namen nach dem seit 1844 etwas weiter nördlich befindlichen Alten Felsenkeller, der als Bierlager diente. Über dem Keller wurde seinerzeit ein „Etablissement“ errichtet, von dessen Terrasse sich ein schöner Ausblick auf die Elsteraue und die Stadtsilhouette Leipzigs bot.

Die Baukosten für den neuen, 1.000 Plätze umfassenden Felsenkeller, zu dem neben einem eigenen Kraftwerk im Keller auch großzügige Gartenanlagen, Terrassen und Veranden sowie ein Kinderspielplatz gehörten, summierten sich auf 275.000 Goldmark. Neben der Nutzung als Konzert- und Ballsaal wurde im Felsenkeller zeitweilig auch ein Kino betrieben.

Auch in den 20er Jahren war der Felsenkeller ein wichtiger Versammlungsort der mitteldeutschen Arbeiterbewegung

Der große Festsaal diente darüber hinaus über viele Jahre der Leipziger Arbeiterbewegung als Versammlungslokal. Hier sprachen beispielsweise am 12. Februar 1905 Karl Liebknecht (1871–1919) zur russischen Revolution, am 14. Mai 1920 Clara Zetkin (1857–1933) zu den Aufgaben der KPD bei den bevorstehenden Landtagswahlen und der KPD-Vorsitzende Ernst Thälmann (1886–1944) auf Wahlkundgebungen am 25. Oktober 1926 und am 19. Juni 1930 zu den sächsischen Landtagswahlen. Besondere Wirkung entfaltete Rosa Luxemburg – die bereits am 1. Dezember 1911 hier aufgetreten war – am 27. Mai 1913 mit ihrer berühmte Rede „Die weltpolitische Lage“, in der sie feststellte: „Solange das Kapital herrscht, werden Rüstungen und Krieg nicht aufhören.“

1913 hielt Rosa Luxemburg im Felsenkeller ihre berühmte Rede „Die weltpolitische Lage“

Bei der Befreiung Leipzigs vom Faschismus am 18. April 1945 durch US-Truppen wurde vor dem Felsenkeller ein amerikanischer Panzer zerstört.

Der Felsenkeller dient im Dritten Reich weiterhin als Versammlungsstätte
In den letzten Tages des 2. Weltkrieges wurde vor dem Felsenkeller ein amerikanischer Panzer zerstört. Ein Hitlerjunge hatte sich mit einer Panzerfaust vermutlich im Felsenkeller verschanzt

Nach dem Zweiten Weltkrieg blieb der Felsenkeller ein gesellschaftlicher Ort. Am 23. März 1946 wurde hier die Leipziger Stadtorganisation der Freien Deutschen Jugend (FDJ) gegründet. Vom 29. bis 31. März 1946 fand ein Bezirksparteitag der Leipziger SPD statt, dessen 537 Delegierte am 30. März 1946 die sofortige Vereinigung mit der Leipziger KPD zur SED beschlossen.

Veranstaltungsplakate aus den 50er bis 80er Jahren

Zur DDR-Zeit war das Haus ein beliebtes kulturelles Zentrum, ein Versammlungssaal und eine Gaststätte. Hier fanden zahllose Konferenzen und Betriebsveranstaltungen, Jugendweihen und Abiturfeiern sowie Abschlussbälle von Tanzstunden statt. Damit prägte der Felsenkeller die lokale Identität von mindestens drei Generationen der Leipzigerinnen und Leipzigern.

Anfang der 1980er Jahre wurde der Felsenkeller teilweise rekonstruiert, diese Arbeiten waren 1983 abgeschlossen.

Die angemessene Weiternutzung gestaltete sich nach den tiefgreifenden Umbrüchen 1989/90 zunächst schwierig. Nach einer Nutzung als Möbelhaus bis 1999 stand der Felsenkeller einige Jahre leer. Seit 2005 wurde das Gebäude durch den engagierten Eigentümer schrittweise saniert und ist heute wieder fester Bestandteil des soziokulturellen Lebens der Stadt.

Seit 2014 finden im Felsenkeller wieder regelmäßig Veranstaltungen statt. Er ist fester Bestandteil des kulturellen Lebens der Stadt

Redaktion: Dr. Volker Külow, Beratung: Dr. Helge-Heinz Heinker
Wir danken dem Karl Dietz Verlag Berlin, PRO LEIPZIG e.V. und dem Stadtgeschichtlichen Museum Leipzig sowie Amory Salzmann ganz herzlich für die historischen Fotos und Abbildungen.


Text und Bilder sind in Auszügen dem Historienpanorama im Foyer des Felsenkellers entnommen.


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